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Reisemobilisten bringen Geld in den Ort

„Die Zeit der Billig-Camper ist vorbei“, sagt Theo Dammertz vom Sevelener Stellplatz. Seine Gäste geben insgesamt 350.000 Euro im Jahr bei ihren Urlauben aus. Ähnlich sieht es in Geldern aus.

von Bianca Mokwa

SEVELEN/GELDERN |  Sie sind nur zu Besuch, aber sie wissen ganz genau, wo es das leckerste Eis und die besten Nudeln gibt. Das gehört für sie zum Urlaub dazu. Angereist sind Andrea und Dietmar Wächter mit Hund Nelson aus Goch mit ihrem Wohnmobil. Darin übernachten sie auf dem Sevelener Hexenland-Stellplatz von Theo Dammertz.

Der bricht eine Lanze für seine 7000 Gäste im Jahr. Viele Sevelener wüssten nämlich gar nicht, wie wichtig diese Touristen für den Ort sind. Er hat mal durchgerechnet. 350.000 Euro im Jahr geben seine Übernachtungsgäste aus, er rechnet also mit durchschnittlich 50 Euro pro Person. Dazu hatte er bereits 2011 eine Studie mit Professor Gerd Peters von der Universität für nachhaltige Entwicklung in Eberswalde anfertigen lassen. „Die Zeit der Billig-Camper ist vorbei“, sagt er. Die Vorstellung, dass die Wohnmobilisten mit großen Kartons voller Lebensmitteln anreisen um möglichst günstig über die Runden zu kommen: überholt.

Stattdessen profitieren die lokalen Geschäfte und die Gastronomie von den Fans des Urlaubs auf Rädern. „Wir gehen zum Bäcker, holen dort unsere Brötchen und das Brot“, sagt Andrea Wächter. „Zwischendurch auch ein Teilchen“, fügt sie an. Nicht weit vom Wohnmobilstellplatz ist auch das Café Böhnchen, auch da kehren sie und ihr Mann ein. Im Sevelener Second-Hand-Laden liebe sie es „rumzukrosen“. Für die Enkelkinder wird sie da fündig. Auch Weihnachtsdeko hat sie dort schon erstanden. Sie hat außerdem „ihren Frisör“ im Ort gefunden, sagt Andrea Wächter glücklich. Und dann ist da natürlich das Freibad um die Ecke, da geht es dann auch mit den Enkeln hin.

„Die Restaurants liefern auch schon hierher“, sagt Waltraud Dammertz. Selbst der Inder aus Geldern habe sich zuletzt für sechs bis acht Personen auf den Weg gemacht. Wenn Hochbetrieb auf dem Platz ist, dann sehe man die Lieferdienste auch mehrmals täglich. Geliefert werde bis an die Tür des Wohnmobils, so Theo Dammertz. „Verhungern kann hier keiner“, bestätigt seine Frau. Außerdem steht auf dem Platz noch der Automat vom Bisselshof. Unter anderem können da Eier, selbstgemachte Nudeln und die passenden Soßen erworben werden. Das Ehepaar aus Goch nutzt aber auch den Weg zum Hof selbst für einen kleinen Spaziergang um sich vor Ort umzuschauen.

Auf dem Platz selber finden vom Ehepaar Dammertz organisierte Feste statt. Auch dafür werde regional eingekauft, etwa das Grillfleisch im Sommer oder die Haxen fürs Oktoberfest bei der Metzgerei Bäumken.

Rainer Niersmann von der Tourismusabteilung der Stadt Geldern bestätigt den Wert der Wohnmobilisten für die Standorte. Aber auch er habe die Erfahrung gemacht, dass vielen Gastronomen und Geschäftsleuten das gar nicht bewusst sei.

Deswegen werden zum Reisemobilfest Buttons ausgegeben, die die Camper sich anstecken können und so sichtbarer werden. Niersmann hat bezüglich der Ausgaben von Reisemobilisten recherchiert.  Diese liegen pro Person bei etwa 35 Euro pro Tag. Da die meisten zu zweit reisen sind es pro Gefährt 70 Euro. Für die Stellplätze in Geldern am Holländer See und in Walbeck am Freibad ergebe sich zusammen eine Kaufkraft von etwa 700.000 Euro jährlich. Der Schwerpunkt liege auf Tanken, Lebensmitteln, Restaurant und Café (inklusive Eiscafé). Gefolgt werden diese Ausgaben von Textilien und Zubehör für die Fahrt. Zu den Ausgaben gehöre auch die Stellplatzgebühr mit acht Euro pro Tag (19 Euro für drei Tage). Ab April erhöht sich die Gebühr in Geldern auf zehn Euro pro Tag (3er-Tagesticket 26 Euro). Aber es sind nicht nur die kleinen Summen, die zusammenkommen. „Wir wissen auch von Gästen, die aus dem Ruhrgebiet kommend in Geldern ein Reisemobil gekauft haben und hier auch den Service dazu machen lassen“, so Niersmann. Theo Dammertz weiß soagr von einem seiner Gäste, der im vergangenen Jahr einen Kaminofen in Sevelen erworben hat. Das ist der große Vorteil von Urlaubern: sie haben Zeit und nehmen ihre Umgebung oft nachhaltiger wahr als die Einheimischen. Für dieses Jahr erwartet Theo Dammertz sogar einen Besucheranstieg von 15 bis 20 Prozent.

Info

Wohnmobil-Urlauber im Kreis Kleve

Übernachtungen auf Campingplätzen im Kreis Kleve 2022: 179.043 (+29,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr)

Gäste aus dem Inland 153.709

Gäste aus dem Ausland 25.334

Die Zahlen beziehen sich auf Campingplätzen (Touristik-Camping) ab zehn Stellplätzen.

Insgesamt habe jede der 16 Städte und Gemeinden im Kreis Kleve mindestens einen attraktiven Reisemobilstellplatz, berichten die Touristiker der Kreis Klever Wirtschaftsförderung.

Besonders beliebt seien beispielsweise der Friedensplatz in Goch, der Wohnmobil Stellplatz Emmerich-Elten, aber auch der Reisemobilstellplatz an der „Blauen Lagune“ Wachtendonk oder der Stellplatz am Freizeitpark Wisseler See Kalkar, so die Abteilung Tourismus bei der Wirtschaftsförderung des Kreises Kleve.